TÜV Times: Das Firmenmagazin des TÜV Österreich

„Unsere“ TÜV Times heimste in der  Ägide von TÜV-Chef Hugo Eberhardt bis 2013 zahlreiche Preise und Auszeichnungen ein. 

LESEPRROBE Sonderheft 130 Jahre TÜV Österreich

Vor 130 Jahren machte die „Dampfkessel-Untersuchungs- und Versicherungsgesellschaft“ die lebensgefährliche Dampfkraft zum zuverlässigen Wegbereiter der Industrialisierung

Zwei Weltkriege und eine Internet-Revolution später begleitet der TÜV Österreich seine Kunden in ähnlich wechselhaften Zeiten: Die schrankenlose Wirtschaft konfrontiert viele Unternehmen mit völlig neuen Rahmenbedingungen. Der TÜV Österreich begleitet seine Kunden auf dem Weg in den globalen Markt.

130 Geburtstage sind für ein Unternehmen aus der Technikbranche eine Rarität. In der Regel verlieren Wirtschaftsbetriebe den Wettlauf mit der technologischen Entwicklung spätestens nach einer Generation. Fusionen, Aufkäufe und manchmal Konkurse machen der Eigenständigkeit ein Ende. Siemens ist dabei mit 155 Lenzen eine berühmte Ausnahme von der Regel. Und dann kommt der TÜV Österreich – mit 130 Jahren etwas jünger und vielleicht etwas kleiner, aber mindestens ebenso unabhängig wie der große deutsche Technologie-Konzern.

Anfänge

Die Geschichte des TÜV ist im Zeitensturz des 19. und 20 Jahrhunderts naturgemäß eine bewegte. 1872 wurde von den maßgeblichen Dampfkessel-Herstellern die „Dampfkessel-Untersuchungs- und Versicherungsgesellschaft a.G. (auf Gegenseitigkeit)“ ins Leben gerufen, die Vorgängerin des heutigen „TÜV Österreich“ Die Gründe waren vielzählig: Auf dem Gebiet der österreichisch-ungarischen Monarchie starben in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts durchschnittlich 1,4 Menschen pro Tag durch berstende Dampfkessel. Die „Dampfkesselüberwachungsgesellschaft“ sollte ab diesem Zeitpunkt die Einhaltung der sicherheitstechnischen Vorschriften in den Fabriken sicherstellen und die Arbeiter in der richtigen Bedienung der pfauchenden Maschinen schulen. Der Erfolg war durchschlagend: Mit Hilfe der Überwachungsgesellschaft konnten die explosionsgeneigten Antriebsaggregate bis Anfang des 20. Jahrhunderts weitgehend gezähmt werden. 1910 war die „Dampfkesselgesellschaft“, wie sie salopp genannt wurde, mit 1.500 Mitarbeitern das größte Unternehmen ihrer Branche.

Die österreichisch-ungarische Monarchie war zu dieser Zeit mit der Sicherheitsregelung für den Dampfkesselbetrieb auf dem Kontinent führend. Gleichartige und gleichnamige Unternehmen in Nachbarländern wurden zeitgleich bzw. Jahre später ins Leben gerufen, wobei die idente Namensgebung heute häufig zu Verwechslungen führt.

Dienstleister

Heute präsentiert sich der TÜV Österreich oder, besser gesagt, die TÜV Österreich Gruppe, als Marktführer auf dem Gebiet der technischen Sicherheit, Qualität und Ressourcenschonung. Mit 542 Mitarbeitern, von denen viele als führende heimische Experten ihres Faches anerkannt sind, führte das Unternehmen 2001 über 432.000 Messungen, Prüfungen und Überwachungen durch und setzt dabei eine halbe Milliarde Schilling um. Für seine Kunden bietet der TÜV Dienstleistungen mit zwei Zielrichtungen: Die Sicherheit von Anlagen zu gewährleisten und den Unternehmen zu helfen, Geld zu sparen. Wenn die Experten des TÜV – wie geschehen – bei einer Großheizanlage feststellen, dass der Kessel nur über einen Wirkungsgrad von 40 Prozent verfügt, kann der Betreiber relativ leicht Abhilfe schaffen. Das gleiche Prinzip gilt für Industrieanlagen: Jedes Unternehmen, das durch Schäden an den Maschinen einen Produktionsstillstand hinnehmen muss, weiß um die Notwendigkeit regelmäßiger und kostensparender Überprüfungen.

Durch den schrankenlosen Warenverkehr hat das Thema Sicherheit allerdings von seiner Bedeutung verloren. Die hohen Standards im Bereich der Anlagen- und Produktsicherheit, die in den zentraleuropäischen Industrienationen aufgebaut worden waren, mussten in den neunziger Jahren nolens volens auf dem Altar der internationalen Handelsabkommen geopfert werden. Der TÜV hat auf diese Entwicklung reagiert: So ist heute das Thema Sicherheit nur mehr ein – wenn auch sehr wichtiger – Punkt in der weiten Angebotspalette des TÜV. Die TÜV Österreich Gruppe kann heute eine Vielfalt an Dienstleistungen für die Bereiche

  •             Prüfen
  •             Überwachen
  •             Zertifizieren
  •             Beratung und
  •             Ausbildung

anbieten.

Diese Dienstleistungen werden für nahezu jeden Bereich der Wirtschaft erbracht. Um der Vielseitigkeit einen notwendigen organisatorischen Rahmen zu geben, entwickelte der TÜV neun Geschäftsbereiche, in denen die einzelnen Branchen zusammengefasst wurden:

  •             Druckgeräte
  •             Aufzugstechnik
  •             Maschinen-, Hebe- und Fördertechnik
  •             Elektrotechnik
  •             Medizin- und Nachrichtentechnik sowie  Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)
  •             Werkstoff- und Schweißtechnik
  •             Kraftfahrtechnik und Verkehr
  •             Umwelttechnik und Chemie
  •             Zertifizierung, Managementsystemen, Gewebeordnung

Neue Regeln

Für Österreich wurden das Prinzip der freien Märkte mit dem EU-Beitritt 1994 schlagartig Wirklichkeit. Die Priorität, die dem Thema Sicherheit im zentraleuropäischen Wirtschaftsleben zugemessen wurde, musste einem gesamteuropäischen, allgemeiner gefassten Verständnis von Zuverlässigkeit weichen. Dies brachte für den TÜV Österreich eine grundlegende Änderung der Rahmenbedingungen mit sich. Der überwiegende Bereich seiner Tätigkeit war bis zu diesem Zeitpunkt weitestgehend geregelt. Seit der Deregulierung der Konformitätsbewertung, wie die Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungstätigkeit zusammenfassend genannt wird, macht der TÜV Österreich einen Großteil seines Umsatzes am freien Markt. Der geregelte Bereich, auf Basis von Gesetzen und Verordnungen, verliert immer mehr an Bedeutung.

Der radikale Wandel hat im TÜV zu einem strikten Prozess der Neuorientierung geführt. Die reine Technikorientierung musste von einer forcierten Kunden- und Marktnähe abgelöst werden, was wiederum in die Entwicklung neuer Geschäftsfelder (Kraftfahrtechnik und Verkehr, Zertifizierung) mündete. Kunden nützen die einzigartige technische Kompetenz und die führende Mess- und Sicherheitstechnologie Österreichs im Zuge des Outsourcings, um eigene Entwicklungen von einem unabhängigen Dritten begutachten zu lassen. Unvoreingenommenheit gegenüber dem Produkt und exzellente Prüfungstechniken erlauben dem TÜV, dem Kunden nicht nur Schwachstellen aufzuzeigen, sondern ihn auch zur Problemlösung zu bringen. Der Kleinwagen eines führenden deutsch-amerikanischen Automobilkonzerns wäre wahrscheinlich nicht umgefallen, wenn vorher unabhängige Prüfer eingeschaltet worden wären.

Europäisierung der TÜV Österreich Gruppe

Weiteres wesentliches Element im Strategiewechsel der TÜV Österreich-Gruppe war der Aufbau eines dichter werdenden Netzes an Tochter- und Beteiligungsunternehmen innerhalb Europas. Die Deregulierung der Märkte wird vom TÜV als Chance verstanden, den eigenen Wirkungskreis zu vergrößern – oder – um historisch exakt zu bleiben – wieder dorthin zu gehen, wo der „Technische Überwachungs- Verein“ vor 130 Jahren bereits war: In die angrenzenden Nachbarländer. Ungarn, die Slowakei und Tschechien sind natürliche Hoffnungsmärkte für ein Unternehmen, das in Wien angesiedelt ist. Das strategische Ziel des TÜV: Über kurz oder lang die Position des führenden Branchenunternehmens in Zentraleuropa einzunehmen.

Die ungarische Tochtergesellschaft  TÜV Ausztria Magyarország wurde 1998 gegründet, um bei den ungarischen Kunden in erster Linie durch Beratungstätigkeit auf dem weiten Gebiet der CE-Kennzeichnung zu punkten und  sie in Sachen Qualitätsmanagement und Werkstoffprüfung zu betreuen.

Der altösterreichische Wirkungskreis des TÜV wurde durch die Gründung der tschechischen I.T.I.  – Integrovaná technická inspekce spol.s.r.o – geschlossen, die von ihrem Hauptsitz in Prag über Niederlassungen in Aussig, Brünn, Königgrätz, Mährisch-Ostrau und Pilsen in ganz Tschechien und Teilen der Slowakei tätig wird. Die I.T.I. ist auf dem Weg, in Tschechien eine ähnlich führende Stellung in ihrer Branche einzunehmen wie das Mutterunternehmen TÜV in Österreich.

Um den heimische Unternehmen gewohnte Hilfestellung in den wichtigsten Exportmärkten zu geben, hisste der TÜV Österreich seine Fahnen auch in Deutschland und Italien: Die Umwelt- Sicherheits- und Technik-PrüfungsgesembH UMSITEC im deutschen Gauting ist seit 1995 auf Umweltberatung und die Etablierung von Managementsystemen spezialisiert. Und seit Ende 2001 arbeitet der TÜV von einer Außenstelle in  Ravenna aus, um seinen Kunden mit einer Warenprüfung an Ort und Stelle dienen zu können.

Die älteste und wirtschaftlich bedeutendste Niederlassung besitzt der TÜV in Griechenland: Der 1994 gegründete TÜV Austria Hellas ist heute ein prosperierendes Unternehmen, das praktisch auf allen Mess-, Prüf und Zertifizierungsgebieten tätig ist.

Die exotischste Expositur des TÜV Österreich steht seit 1998 Jahren in Teheran: Die Geschäftsverbindungen mit der dortige Auto- und Maschinenbausindustrie haben sich in den vergangene Jahren so verdichtet, dass eine eigenen Außenstelle zweckmäßig wurde. Verlangt wird in erster Linie nach Beratung im Bereich des Qualitätsmanagements, der Zertifizierung und der CE-Kennzeichnung.

Hinter all diesen Gründungen stehen zwei Ziele:

  • Der TÜV Österreich folgt seinen Kunden, wo immer sie ihn brauchen.
  • Das akribische Technologie- und Beratungsverständnis des TÜV Österreich wird von einer Elite der tschechisch-slowakisch-ungarischen Unternehmen gesucht, die auf österreichischen und deutschen Märkten erfolgreich sein wollen.

Kontrolle der Warenlieferung

Wichtiger Wachstumssektor ist für den TÜV der Bereich der Warenprüfung. Dabei überprüfen die Spezialisten des TÜV auf Auftrag bestimmte Warensendungen auf ihre Richtigkeit. Es ist für einen Käufer schwierig, bei einem Schleppkahn voller russischer Kohle festzustellen, ob die Lieferung die bezahlte hochwertige Steinkohle enthält oder mit Material von niedrigerem Energiewert vollgestopft wurde. Wäre im Fall Lucona eine Warenprüfung durchgeführt worden, wäre einer der größten Versicherungsskandale der Nachkriegsjahre ein Hirngespinst geblieben. Über Warenprüfungen können Empfänger,  Versicherungen oder auch Speditionen sichergehen, dass bei den Warensendungen immer genau das drin ist, was außen draufsteht. Die TÜV-Mitgliedschaft bei der Independetn Unified Surveyors (IUS) garantiert dabei, dass die Prüfungen bereits in London, Lissabon oder Catania durchgeführt werden können.

Think local, act global

Die Deregulierung hat auf vielen Gebieten das Thema Sicherheit durch den Begriff Kostenoptimierung ersetzt. Es wäre vermessen zu behaupten, dass dies den TÜV unbeeindruckt gelassen hätte. Durch die Zukunftsstrategie des Dienstleistungsausbaus und der Internationalisierung hat der TÜV Österreich aber sichergestellt, am zentraleuropäischen Parkett einen aktiven und vor allem selbständigen Part einnehmen zu können. Hochqualitative Unternehmen benötigen für die Konformitätsbewertung hochqualitative Partner – und zwar an allen Ecken dieser Welt.