Das Konjunkturpaket der Regierung 2009 zeitigt geringe Wirkung: Die gefüllten Fördertöpfe der Austria Wirtschaftsservice werden nicht geleert. Die Banken zeigen sich unzufrieden mit den Bearbeitungsprovisionen der AWS – und vermitteln Kleinkredite und Haftungsgarantien der Förderbank nur auf Kundennachfrage.
UNTERNEHMER: Herr Csank, Sie haben 2004 ein IT-Unternehmen gegründet, das nach 5 Jahren 35 Mitarbeiter beschäftigt und gerade das Bluetooth-Handy mit Zugangsfunktion auf den Markt gebracht hat. Wie sieht Ihr Rückblick aus?
Christian Csank: Als Gründer muss man ein Stück verrückt sein. Schließlich braucht man den Mut, in eine Sache einzusteigen, von der man nicht weiß, dass sie funktioniert. Unsere Firma beschäftigt sich mit Bluetooth-Technologie auf Handies. Wir machen aus einem Mobiltelefon eine Steuerzentrale für das Haus. Das erste Produkt, dass wir jetzt auf den Markt gebracht haben, ist ein Zutrittssystem für Firmen, wo mit dem Handy Türen aufgesperrt werden können. Dafür genügen ganz normale Bluetooth-Schnittstellen am Mobiltelefon. Wir verfügen über ein starkes Alleinstellungsmerkmal und sind sicher, einen Markt von hohem Potential vor uns zu haben.
UNTERNEHMER: Wie sah es bei Gründung mit der Start Up-Finanzierung aus?
Christian Csank: Ich hatte damals kein Geld. Die Gründung fand unmittelbar nach meinem Studium statt. Es gibt mehrere Dinge, warum wir den Start überlebt haben: Wir haben vom ersten Tag an Umsätze mit der Tengelmann-Zielpunkt-Gruppe gemacht., wo wir die Filialen mit der Bluetooth-Technologie ausgestattet haben. Der zweite Grund bestand in der Akquisition von Förderungen.
UNTERNEHMER: Wer hat Ihnen geholfen?
Christian Csank: Wir hatten das RIZ Niederösterreich als Förderungsgeber mit dem Standort und den Erstberatungen an Bord. Wir haben Ecoplus in Anspruch genommen, Seed- Startfinanzierung lukriert, verhandeln gerade mit Nöbeg ( NÖ Bürgschaften und Beteiligungsfinanzierungen GmbH, Red.) über eine Beteiligung und wir sind bei der AWS (Austria Wirtschaftsservice GmbH) vorstellig geworden. Außerdem haben wir uns bei allen Unternehmerpreisen beworben, von denen wir erfahren haben. Dabei waren wir sehr erfolgreich. Die PR hat uns in vielen Situationen geholfen. Sie ist gemeinsam mit dem ersten Kunden und den Förderungen der Grund, warum es unser Unternehmen noch gibt.
UNTERNEHMER: Mit welchen Vorarbeiten haben Sie das Unternehmen gegründet`?
Christian Csank: Wir haben die GmbH gegründet, als wir die ersten Rechnung stellen mussten. Zum Geld ausgeben brauchten wir noch keine Rechtsform.
UNTERNEHMER: Haben Sie auch mit den Banken verhandelt?
Christian Csank: Ich habe einen Leitsatz: Ich tue alles für meine Firma, ich gehe aber kein privates Konkursrisiko ein. Natürlich haben wir mit Banken gesprochen, aber die verlangten Haftungen konnte oder wollte ich nicht beibringen. Ich habe meine Firma nur mit Förderungen und – mit Ausnahme eines Betriebsmittelkredites – ohne weitere Bankfinanzierungen gründen können.
UNTERNEHMER: Frau Patzelt, Sie sind Geschäftsführerin des RIZ NÖ, der Gründeragentur des Landes Niederösterreich. Ist Selbständigkeit ein Weg aus der persönlichen Jobkrise?
Petra Patzelt: Diverse Untersuchungen zeigen, dass die positive Motivation vorherrschend ist: Motive wie eigene Ideen umsetzen, Herausforderungen annehmen, „eigener Chef sein wollen“ decken 70 bis 80 Prozent aller Angaben ab. Das Motiv, den Arbeitsplatzverlust vorzubeugen oder aus der Arbeitslosigkeit zu entfliehen ist in meinem Wahrnehmungsumfeld praktisch nie anzutreffen. Unternehmensgründung oder Übernahme ist praktisch nie das Resultat einer Verzweiflungstat.
UNTERNEHMER: Wie überzeugt sind Gründer vom eigenen Vorhaben?
Petra Patzelt: Sehr. Es braucht diese Überzeugung auch. Zukunftsangst ist dabei kein Thema: Es zeigt sich tagtäglich, dass man auch in einem angestellten Arbeitsverhältnis von derartigen Ängsten nicht befreit sein kann. Gehaltskürzungen, Kurzarbeit, Teilzeitbeschäftigungen, Kündigungswellen – diese Themen stehen überall im Raum. Für mich ist die Schwarz-Weiß Malerei zwischen dem sicheren Angestelltenverhältnis und dem risikobehafteten Unternehmertum Unsinn.
UNTERNEHMER: Sind schwache Arbeitsmarktdaten und steigendes Job-Risiko Argumente für steigende Gründungszahlen?
Petra Patzelt: Ich denke nein. Wir sind in der nahen Vergangenheit in vielen Regionen nahe an die Vollbeschäftigung herangekommen – und dennoch zeigten die Gründungsstatistiken eine aufsteigende oder stabile Tendenz. Das heißt- obwohl Nachfrage am Arbeitsmarkt bestand, haben sich immer mehr Menschen für die Selbstständigkeit in Österreich entschieden. Da ist in den vergangenen zwanzig Jahren schon etwas in den Köpfen der Österreicher in Bewegung gekommen. Und auch jetzt in der Krise sind die Anfragen unverändert häufig.
UNTERRNEHMER: Wie steht es um den sozialen Status des Unternehmers?
Petra Patzelt: Das ist ein zweischneidiges Thema. Manche Gründer, mit denen ich zu tun habe, berichten von einer regelrechten Anteilnahme ihres Bekanntenkreises, fast Mitleid, das ihnen zum Zeitpunkt der Gründung entgegengebracht wird. Sobald das Unternehmen expandiert, Mitarbeiter aufnimmt und Umsätze lukriert, stellt sich bei den Unternehmern die Angst ein, als protzig wahrgenommen zu werden. Zuerst ist man aus Sicht der Gesellschaft im Tränental des Einzelkämpfers. Kaum ist man erfolgreich, ist man der grausliche Kapitalist, der sich auf Kosten der anderen bereichert. Dazwischen gibt es nichts.
UNTERNEHMER: Frau Zehetner Sie sind Leiterin des Gründer-Service der Wirtschaftskammer. Haben Österreicher ein Problem mit dem eigenen und dem fremden Unternehmertum?
Elisabeth Zehetner: Nein, gar nicht. Wir haben im Jänner 1000 Österreicher befragt, ob sie sich grundsätzlich vorstellen können, selbständig zu werden. 62 Prozent der 15-29jährigen haben dies bejaht. Insgesamt konnte sich jeder zweite Befragte mit dem Gedanken anfreunden. Das Problem kommt aus dem nahen Umfeld, wo oft Bedenken geäußert werden und gewarnt wird. Dort, wo Unternehmer in der Familie oder im Freundeskreis sind, wird der Schritt viel leichter getan. Da ist sicher die Bildungspolitik gefordert.
UNTERNEHMER: Wie wettbewerbsresistent sind Neugründungen?
Elisabeth Zehetner: Wenn nach fünf Jahren 70 Prozent der Gründungen noch erfolgreich bestehen, dann ist dies ein gutes Zeichen. Und von den 30 Prozent, die nicht mehr am Markt sind, sind viele wieder zurück in ein Angestelltenverhältnis gewechselt. In der jungen Generation gibt es ein wesentlich abwechslungsreichere Erwerbsbiographie als dies früher der Fall war.
UNTERNEHMER: Ihre Gründungsprognose für 2009?
Elisabeth Zehetner: Wir werden das hohe Niveau verteidigen können. Die Schallmauer der 30.000er-Marke wird vielleicht heuer nicht zu nehmen sein – aber jede Zahl, die knapp drunter ist, sehe ich als schönes Ergebnis.
UNTERNEHMER: Herr Braun, als Verkaufsleiter des KSV sind Sie intimer Kenner der misslungenen Gründungen . Gibt es in Österreich so etwas wie eine Kultur des Scheiterns, die es erlaubt, eine nicht funktionierende Selbständigkeit zu überstehen?
Wolfgang Braun: Ja. Das Insolvenzrecht gibt den Unternehmern alle Chancen, auch nach dem Scheitern wieder neu anzufangen. Die soziale Dimension einer misslungenen Unternehmensgründung ist in Österreich immer noch nicht einfach. Es gibt sicher das Wechselbad aus dem armen Gründer, dem erfolgreichen Kapitalisten und dann dem Hasardeur, auf den alle mit dem Finger zeigen. Ein insolventer Unternehmer wird in Österreich immer noch ins Rampenlicht gestellt. Darin unterscheiden wir uns vom angloamerikanischen Raum, wo ein gescheiterter Unternehmensstart keinen Makel in der Biografie bedeutet. Juristisch ist die Sachlage aber eindeutig: Das Insolvenzrecht erlaubt jedem eine zweite Chance.
UNTERNEHMER: Herr Litzka, Unternehmensgründer brauchen Geld und Unterstützung. Sie entscheiden im Austria Wirtschaftsservice als Wirtschaftsprüfer über Förderungen und Finanzierungen von Gründungsvorhaben. Wenn es in Österreich schon keine Kultur des Scheiterns gibt, wie steht es um die Kultur der Unterstützung und der Finanzierung von Start aus?
Bernd Litzka: Sie ist sehr lebendig. Sie kann aber keine Wunder wirken.
UNTERNEHMER: Gibt es heute mehr Förderungen als früher?
Bernd Litzka: Es gibt durch das Konjunkturpaket nicht mehr Förderungsprogramme als vor fünf Jahren. Was sich geändert hat, sind die zur Verfügung stehenden Mittel, die in den einzelnen Töpfen warten. Das bedeutet, dass die Ablehnungswahrscheinlichkeit sinkt. Die Art und Weise, wie und was gefördert wird, ist aber auch im Zuge des Konjunkturpaketes unverändert.
UNTERNEHMER: Bekommt der Unternehmer heute leichter Geld?
Bernd Litzka: Wir bewerten die Unternehmen nach international üblichen Kriterien. Das bedeutet, dass wir manchmal Gründer vor ihrem Untergang retten müssen. Es landen auch Schnapsideen auf unseren Tischen, bei denen nicht nur das Steuergeld verloren geht, sondern auch die Eigenmittel der Unternehmer. Die Prinzipien der Förderwürdigkeit gelten heute ebenso wie vor Ausbruch der Krise. Wir bemerken heute nach dem Konjunkturpaket eine Tendenz, dass die Leute glauben, das Geld liege auf der Straße. Es herrscht der Irrglaube, man könne heute mit jedem „Blödsinn“ zu uns kommen. Dem ist aber noch immer nicht so.
UNTERNEHMER: Ist die Zahl der Förderanträge gestiegen?
Bernd Litzka: Es gibt mehr Anfragen in Bereich der Zuschüsse, es gibt mehr Anfragen im Bereich der Kleinkredite, interessanterweise ist die Zahl der Anträge für Haftungen aber zurückgegangen. Das hat den Grund, dass Haftungen immer über die Hausbank laufen müssen und die Banken derzeit nicht bereit sind, unsere Bedingungen zu akzeptieren und keine entsprechenden Basisfinanzierungen bereitstellen, die wir besichern würden.
UNTRERNEHMER: Die Banken weigern sich, die AWS-Haftungen zu vermitteln?
Bernd Litzka: Es ist für eine Bank nicht das beste Geschäft. Wenn wir eine Fremdkapitalgarantie geben, schreiben wir vor, welchen gedeckelten Konditionenzinssatz die Bank verwenden darf. Derzeit scheint es so zu sein, dass die Banken ihre Bearbeitungsgebühr so stark erhöht haben, dass sie mit unseren Bedingungen nicht zufrieden sind. Wir haben uns lange gewundert, warum unsere Haftungen neuerdings nicht mehr in Anspruch genommen werden. Der Grund liegt in der aktuellen Zurückhaltung der Vertriebspartner, und das sind die Banken.
UNTERNEHMER: Kann man sagen, dass die Konjunkturprogramme der Regierung von den Banken nicht mitgetragen werden?
Bernd Litzka: Lassen Sie es mich so formulieren: Es scheint gewisse Marktmechanismen zu geben, die ein Ausschöpfen der erhöhten Haftungsrahmen verhindern. Ob es nur eine zeitliche Koinzidenz ist, dass die Banken eine Aufweichung unserer Bedingungen und dadurch Anhebung der Gebühren verlangen, sollen andere beurteilen.
Elisabeth Zehetner: Das ist das gleiche Problem wie bei den Mikrokrediten von 10 bis 30.000 Euro. Die sind ebenfalls bei den Banken sehr unbeliebt. Bei diesen geringen Beträgen, die für viele Unternehmer oft lebensrettend sind, sind die Abwicklungskosten aus Sicht der Banken zu hoch und die Gebühren zu niedrig.
Bernd Litzka: Die Banken bringen dieses Argument sehr gerne. Letztlich ist der Aufwand einer Förderungsabwicklung mit der AWS aber marginal. Die Bank erhält 500 Euro für die Abwicklung eines Kleinkredites: Das ist weitaus kostendeckend.
UNTERNEHMER: Schade, dass sich keine der eingeladenen Kommerzbanken bereit erklärt hat, einen Vertreter in unsere Runde zu entsenden. Die Bankenperspektive wäre zu diesem Aspekt sehr interessant gewesen, zumal die Regierungsmaßnahmen zur Rettung des Bankensektors nicht an irgendwelchen Bearbeitungsgebühren gescheitert sind. Themenwechsel: Herr Litzka, welcher Art sind die Geschäftsideen, die derzeit an Sie herangetragen werden?
Bernd Litzka: Offensichtlich macht Not nicht erfinderisch. Mit der Verdüsterung der Konjunktur hat auch die Innovationskraft der Anträge abgenommen. Neuentwicklungen werden zurückgestellt, die Know how-Träger sind in der Regel immer die ersten, die ein sinkendes Schiff verlassen. Bei Innovationsvorhaben haben wir deutlich weniger Anträge – was Gründungsideen betrifft und was aus bestehenden Unternehmen an uns herangetragen wird.
UNTERNEHMER: Herr Zeiler Rausch, wie gehen Großunternehmen mit der Zielgruppe der Gründer und KMUs um? Sie sind Leiter des KMU-Programms von Microsoft Austria und als solcher berufen, uns die Perspektive der Großen auf das Geschäft mit den Kleinen zu beschreiben?
Erich Zeiler-Rausch: Microsoft hat zwei Bereiche, wo es mit Gründern zu tun hat. Einerseits sind dies Kunden, für die unsere Produkte interessant sein können. Aber es sind auch Partner. Microsoft vertreibt nicht direkt, sondern über ein Netz von 5000 Partnerunternehmen. Da sind Start-ups für uns sehr wichtig. Es machen sich immer wieder gute Mitarbeiter selbständig, weil ihre IT-Firmen in Konkurs gehen, die Österreich-Tochter zugesperrt oder fusioniert wurde. Da hat Microsoft das BizSpark- Programm entwickelt, das diesen Unternehmen unter die Arme greift. Außerdem gibt es bei uns gemeinsam mit Intel und der Wirtschaftkammer einen Fördermittel-Ratgeber, der die Förderungen in allen EU-Ländern aufzählt und zeigt, was für den einzelnen in Frage kommt. Wir bieten auch Erstberatung für Gründer an und unterstützen Unternehmen mit assoziierten Beratungsfirmen bei den Förderanträgen, wo Microsoft einen Teil des Beratungshonorars übernimmt.
UNTERNEHMER: Diese Programme gelten nur für IT-Gründer?
Erich Zeiler-Rausch: Nicht unbedingt, wir haben sehr viele Gründer, die über Partner zu uns kommen. Das hat aber auch den Grund, dass die Unternehmen im Zuge der Gründung IT brauchen und wir so zueinander kommen.
UNTERNEHMER: `Gelten für den geschäftlichen Umgang mit Start ups besondere Sicherheitsregeln, was Bezahlungsmodalitäten betrifft?
Erich Zeiler-Rausch: Nein. Microsoft war ja vor nicht allzu langer Zeit selber auch einmal ein Start up, das die Welt aus der Garagenperspektive gesehen hat. Insofern gibt es bei uns eine sehr gründungsaffine Kultur.
UNTERNEHMER: Herr Zinn-Zinnenburg, Sie waren Geschäftsführer in einem internationalen Unternehmen und haben sich im Herbst vergangenen Jahres über ein Franchisesystem selbständig gemacht. Wie haben Sie Ihren Umstieg erlebt?
Michael Zinn-Zinnenburg: Es war für mich immer eine Wunschvorstellung, selbständig zu sein. Es hat sich dann ergeben, dass mir das Mailboxes-System als Franchisekonzept über den Weg gelaufen ist. Franchisesysteme waren für mich bis dahin uninteressant, weil ich vorher immer meine eigene Idee und mein eigenes Unternehmen haben wollte. Für mich war die Idee aber bestechend, weil ich sehr viele Bereiche aus meinem bisherigen Berufsleben wiederfand.
UNTERNEHMER: Vielleicht beschreiben Sie uns kurz Ihr System?
Michael Zinn-Zinneburg: Bei Mailboxes stehen Bürodienstleistungen im Vordergrund. Die Schwerpunkte sind Verpackung und Versendung. Was zu versenden ist, versenden wir, vom kleinen Packerl bis hin zu Massensendungen. Und wir kümmern uns um die Verpackung. Wir haben beispielsweise ein Auktionshaus als Kunden, für das wir Antiquitäten fachgerecht verpacken und versenden. Und das zweite große Standbein ist Druck und Grafik. – bei uns gibt es von der Visitenkarte zur Broschüre bis hin zum Poster alles, was privat und im Büro auf diesem gebiet gebraucht wird..
UNTERNEHMER: Wie groß ist Ihr Unternehmen?
Michael Zinn-Zinneburg: Ich beschäftige drei Mitarbeiter. Derzeit baue ich das zweite Unternehmen auf, das im Juni eröffnen wird.
UNTERNEHMER: Kennen Sie Zukunftsangst?
Michael Zinn-Zinneburg: Ich weiß ja nicht, was es heißt, selbständig zu sein, wenn Hochkonjunktur herrscht. Aber wenn die Geschäfte so bleiben, wie sie derzeit laufen, dann bin ich hochzufrieden.
UNTERNEHMER: Wie schwer war es für Sie, Finanzierungen zu finden?
Michael Zinn-Zinneburg: Das war für mich kein Thema. Ich konnte auf Rücklagen zurückgreifen. Das war natürlich ein Riesenvorteil.
UNTERNEHMER: Herr Lenz, Sie sind bei der Mobilkom Austria für den Franchise-Aufbau der A1 Shops verantwortlich,. Außerdem sind Sie Vorstandsmitglied des österreichischen Franchise-Verbandes. Ist Franchising, wie es Herr Zinn-Zinnenburg gerade umsetzt, eine Sonderform der Selbständigkeit?
Guido Lenz: Franchising ist risikomindernd. Es ist leichter, innerhalb eines Franchisesystems erfolgreich zu sein als außerhalb. Ein erfolgreiches Franchisesystem ist erprobt und liefert dem Franchisenehmer viele Anhaltspunkte, Fehlerquellen zu vermeiden. Man profitiert von den Erfahrungen des Franchisegebers und der anderen Franchnisenehmer. Andererseits ist Franchise teilweise mit einem „Korsett“ aus Richtlinien verbunden. Damit muss man umgehen können. Wer eine völlig eigenständige visionäre Idee hat, wird aller Voraussicht nach kein Franchisenehmer. Wer sich aber auf Franchising einlässt kann rascher und mit weniger Risiko zum Erfolg kommen.
UNTERNEHMER: Unterscheidet sich der Typus des Franchisenehmers von jenem des herkömmlichen Gründers?
Guido Lenz: Die Grundvoraussetzungen des Unternehmers wie Dynamik und Stressresistenz sind genauso notwendig wie ein betriebswirtschaftliches Grundwissen. Der Unterschied liegt sicher in den Vorgaben. Es gilbt Leute, die ihre komplette Freiheit haben wollen. Die sind ohne Franchisesystem besser dran. Mobilkom Austria arbeitet beispielsweise mit Fachhändlern zusammen, die ihre Unabhängigkeit bewahren wollen und unter eigener Flagge segeln. Dann haben wir Partner, die einen erfahrenen Franchisegeber suchen und weite Strecken des Weges mit uns als Franchisenehmer des A1 Shops gehen.
UNTERNEHMER: Sind Finanzierungserfordernisse und Risikoverteilung beim Franchising anders wie bei der normalen Gründung?
Guido Lenz: Ja. Viele Gespräche mit Partnern und aus dem Umfeld des Franchiseverbandes zeigen, dass das unternehmerische Risiko im Franchisesystemen geringer ist. Wir wissen aus Gesprächen mit Banken, dass sie eher und leichter Geld an Franchisegründungen vergeben als in andere Projekte. Die Insolvenzrate bei Franchisegründungen liegt europaweit bei vier bis fünf Prozent, und das ist extrem niedrig.
UNTERNEHMER: Gibt es Zahlen für den argumentierten Vorteil?
Guido Lenz: Wenn ich jetzt für die Mobilkom Austria spreche: Unsere Franchisepartner haben durchschnittlich einen Break Even nach drei bis vier Monaten. Wenn ich eine eigene Idee und eine eigene Marke aufziehen muss, dauert dies wesentlich länger.
UNTERNEHMER: Herr Jauernik, wie unterscheidet sich die Perspektive der Übernehmer von jener der Gründer. Sie sind Unternehmensberater und Sprecher der Experts Group Übergabe-Consultants in der Wirtschaftskammer Wien. Haben es Übernehmer einfacher?
Ernst Jauernik: Nicht unbedingt. Aber ich möchte in einigen Punkten auf meine Vorredner eingehen. Ich musste manchmal schmunzeln, weil ich aus meiner Beratererfahrung auch oft das Gegenteil des hier Beschriebenen beobachte. Ich bin seit dem Jahr 2000 Mandatar in der Fachgruppen Unternehmensberater in Wien. Als ich vor neun Jahren mit dieser Tätigkeit begonnen habe, hatten wir in Wien 7.000 Mitglieder, heute hat sie 16.000 Mitglieder. Dieser enorme Zuwachs ist zu einem großen Teil durch Einpersonen-Unternehmen mit einem einzigen Auftraggeber entstanden. Sehr viele Gründungen, die für die stolzen Statistiken sorgen, sind weit davon entfernt sind, was man gemeinhin unter einem Unternehmen versteht.
UNTERNEHMER: Das müssen Sie uns erläutern….
Ernst Jauernik: Ich sehe die Gründungssituation in Österreich und deren Performance nicht so optimistisch wie meine Vorredner. Ich beobachte in meiner Klientenstruktur, die viele technologielastige Unternehmen aus dem IT-Bereich enthält, schwere Defizite im kaufmännischen Bereich. Es herrscht eine extreme Motivation im technischen Bereich, aber häufig Blindheit gegenüber dem Kundennutzen oder was man gemeinhin als verkaufbar bezeichnet. Es gibt Übergabeexperten unter den Unternehmensberatern, weil es bei der Übergabe fast immer zu dramatischen Fehlern kommt, die das Zusperren des soeben übernommenen Bettriebs zur Folge hat.
UNTERNEHMER: Sie haben sicher ein Beispiel für uns….
Ernst Jauernik: Aus dem kleinen Nähkästchen: Mein Stammlokal wurde übergeben und zugesperrt, weil alles falschgemacht wurde,. was nur möglich war. Es gab keine Übergabe durch eine schrittweise Übernahme der Gesellschaftsanteile, sondern einen abrupten Wechsel in der Eigentümerschaft. Damit wurden sämtliche Betriebsanlagengenehmigungen hinfällig, was den Miteigentümern des Hauses Gelegenheit gab, so ziemlich jeden Einspruch einzulegen, der denkbar war. Das alles hat sich in einer prominenten Gastwirtsfamilie abgespielt, die eben der Ansicht war, all diese Übergabeformalitäten zwischen sich ausmachen zu können. Auf Spezialistenrat wurde verzichtet und alle selber gemacht. Jetzt ist das Wirtshaus stillgelegt. Von der ominösen Zahl von 5-6000 Betriebsübergaben, die es im Jahr in Österreich gibt, passiert nur ein ganz kleiner Prozentsatz unter Beziehung eines Beraters. Die Folgen habe ich beschrieben.
UNTERNEHMER: Ich wiederhole meine Frage: Sind Gründer und Übernehmer nur die Kehrseiten der gleichen Medaille.
Ernst Jauernik. Ich antworte mit einem klaren Jein. Der Vorteil des Übernehmer ist, dass er in eine erprobte Struktur einsteigen kann. Das ist zugleich sein Nachteil. Übernehmer haben den Vorteil, dass er auf etwas zurückgreifen kann. Das deckt sich den vorherigen Ausführungen zum Franchise. Es gibt Kunden, Infrastruktur, eventuell auch Mitarbeiter. Das sind gleichzeitig aber auch Zeitbomben. Es besteht immer die Gefahr, dass aus der Vergangenheit Themen wie Wasserleichen aufsteigen. Verbindlichkeiten, Altverträge, andere Altlasten, von denen niemals vorher die Rede war.
UNTERNEHMER: Frau Patzelt, ein Schlusswort….
Petra Patzelt: Vorbereitung ist sehr wichtig. Wir versuchen, den Kunden über ein Geschäftkonzept so fit zu machen, dass seine Idee bei einer genauen Prüfung Bestand hat. Außerdem soll der Gründer in der Vorbereitung eventuelle eigene Defizite erkennen und in weiterer Folge Überlegungen anstellen, wie er diese beseitigen kann: durch eigene Weiterbildung z.B. über das WIFI, durch Aufnahme eines Mitarbeiters oder durch Auslagerung an Dritte, z. B. Steuerberater oder gewerbliche Buchhalter. Wir sehen uns sozusagen als Einstiegsdroge für die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen von Unternehmens-, Rechts- oder Steuerberatern. Professionelle Hilfe muss nicht teuer sein und sie erspart weit mehr Geld als sie kostet.